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Der sog. Tansania Park – Die (un-)sichtbare Geschichte

Eintritt frei – um Spenden wird gebeten, einige Veranstaltungen mit Anmeldung und begrenzter Teilnehmendenzahl

Aktionstag, Koloniale Spuren – Dekoloniale Praktiken
Sa, 07.09.2024
11:00 - 22:00

Ort: Siehe einzelne Veranstaltungen

  • Hinweis: Die Anmeldelinks für einige der am Aktionstag stattfindenden Veranstaltungen findet ihr weiter unten im Text

Im „Tansania Park“ zeigt sich exemplarisch, wie schwer sich Hamburg mit seiner kolonialen Vergangenheit tut. Denkmalgeschützt und abgeschlossen hinter einem Zaun stehen in Hamburg-Jenfeld das „Deutsch-Ostafrika-Kriegerdenkmal“ – fälschlicherweise „Askari-Reliefs“ genannt – sowie das „Schutztruppen-Ehrenmal“ in direkter Nähe zum Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne mit sieben kolonialen Porträtreliefs an den Gebäudefassaden. Die beiden in der NS-Zeit errichteten Reliefs, die einst den Kaserneneingang flankierten, würdigen Deutschlands koloniale Vergangenheit und propagieren die angebliche „Treue der Askari“. Das Wort „Askari“ bezeichnete afrikanische Söldner in der deutschen „Schutztruppe”, in diesem Fall in der Kolonie „Deutsch-Ostafrika“. Eng damit verbunden ist der Mythos um den General Paul von Lettow-Vorbeck, der hier zum unbesiegten kolonialen Kriegshelden verklärt wird. Das Denkmalensemble wurde 2003 ohne Genehmigung auseinandergerissen und im neu geschaffenen „Tansania Park“ aufgestellt. Nach zwei Jahrzehnten einer anhaltenden Debatte über Hamburgs Umgang mit seiner kolonialen Vergangenheit und trotz massiver Kritik stehen sie weiterhin, in ihrer problematischen Bildsprache ungebrochen, nahe ihrem ursprünglichen Ort. Der Name „Tansania Park“ wirft ebenfalls kritische Fragen auf.

Welche kolonialen und nationalsozialistischen Erzählungen sind im „Tansania Park“ sichtbar – und welche wurden unsichtbar gemacht? Wie gestalten wir eine zeitgemäße Erinnerungskultur, wie gehen wir heute mit kolonialen Kontinuitäten um? Im Rahmen des Tags des offenen Denkmals lädt die W3_Werkstatt für internationale Kultur und Politik, der Salon International e.V. und das B-Movie auf St. Pauli alle Interessierten ein, um Licht auf die (un-)sichtbaren Seiten der Geschichte zu werfen.

Wir bitten um vorherige Anmeldung, da die Teilnehmendenzahl bei einigen Veranstaltungen begrenzt ist. Die Anmeldelinks findet ihr weiter unten im jeweiligen Text.

  • Die (un-)sichtbare Geschichte des sog. Tansania Parks
    Rundgang mit Friederike Odenwald (Fachbereich Globalgeschichte der Uni Hamburg)

Zur Anmeldung via guestoo

11:00 bis 13:00 Uhr
Ort: Wilsonstraße 60, 22045 Hamburg

In dem Rundgang schauen wir uns Teile des Exerzierplatzes der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne und des sogenannten Tansania Parks an. Die Kaserne wurde im Zuge der nationalsozialistischen Wiederaufrüstung errichtet. Sowohl mit der Namensgebung nach dem Kommandeur der deutschen Kolonialtruppen in Ostafrika im Ersten Weltkrieg als auch durch verschiedene Gedenkorte für deutsche koloniale Akteure wurde in Jenfeld dabei ein kolonialrevisionistisches Bildprogramm geschaffen. Dieses werden wir uns gemeinsam erschließen. Zudem beschäftigen wir uns mit der Geschichte des Ortes nach der Auflösung der Kaserne in den 1990er-Jahren, in deren Folge es zu einer Auseinandersetzung um den Umgang mit der kolonialen und nationalsozialistischen Geschichte des Ortes kam.

Friederike Odenwald ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg und assoziiert an der Forschungsstelle Hamburgs (post-)koloniales Erbe. Sie forscht und lehrt zur deutschen Kolonialgeschichte, postkolonialer Provenienzforschung und Wissenschaftsgeschichte. Mit den Spuren der Kolonialgeschichte in städtischen Räumen beschäftigte sie sich auch vor ihrer Hamburger Zeit als Teil der Initiative “Frankfurt Postkolonial”.

  • „Uhuru heißt Freiheit“ – Widerstand gegen die deutsche Kolonisierung Ostafrikas
    Rundgang mit Mnyaka Sururu Mboro und Christian Kopp (Berlin Postkolonial), veranstaltet vom Bildungsbüro Hamburg

Zur Anmeldung über das Bildungsbüro Hamburg

14 bis 16:30 Uhr
Ort: Eingang ehemalige Lettow-Vorbeck-Kaserne, Wilsonstraße 64-68, Hamburg Jenfeld

Wir besuchen ein Bau- und Gedenkensemble, das in der Zeit des Nationalsozialismus errichtet wurde. Es verherrlicht Kommandanten der Kaiserlichen „Schutztruppe“ in der Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ –heute Tansania, Burundi, Ruanda. In einer Grünanlage befinden sich zudem NS-Kolonialdenkmäler, die vor rund 20 Jahren als so genannter “Tansania Park” die guten Beziehungen zwischen Hamburg und Dar es Salaam unterstreichen sollten. Der Rundgang erinnert an den Widerstand gegen die deutsche Kolonisierung Ostafrikas, etwa den Maji-Maji-Krieg von 1905-1907. Wir gedenken seiner zahllosen Opfer und der vielen Ostafrikaner*innen, die wegen General Lettow-Vorbecks Kriegführung gegen alliierte Truppen 1914-1918 im heutigen Tansania ihr Leben verloren. Wir beleuchten auch aktuelle Fragen rund um Erinnerungskultur und Umgang mit den kolonialen Hinterlassenschaften.

Mnyaka Sururu Mboro lebt schon seit über 30 Jahren in Berlin und engagiert sich seit vielen Jahren gegen die Verdrängung der deutschen Beteiligung an Rassismus, Kolonialismus, Versklavungshandel und Sklaverei. 1984/5 organisierte er Veranstaltungen und Aktionen im Gedenken an 100. Jahre Berliner Afrika-Konferenz. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied der NGO Berlin Postkolonial e.V., welche sich mit der versteckten Kolonialgeschichte der deutschen Hauptstadt beschäftigt. So bietet Mboro beispielsweise geführte Touren durch Berlins koloniales afrikanisches Viertel an. Er setzt sich besonders dafür ein, dass Straßen, die heute noch nach kolonialen Verbrecher*innen benannt sind, nach afrikanischen Widerstandskämpfer*innen umbenannt werden. Ein weiteres Schwerpunktthema Mboros ist die Rückführung menschlicher Überreste, die aus Kolonien wie Tansania gestohlen und für rassistische Forschungen nach Europa und Deutschland gebracht wurden. Er ist im Gründungsvorstand von Decolonize Berlin.

Christian Kopp ist Historiker, Ausstellungsorganisator, Aktivist und Mitbegründer von „Berlin Postkolonial“. Außerdem ist er Mitglied von „Decolonize Berlin“.

  • Performance: Kigamboni Community Center (KCC)

Keine Anmeldung erforderlich

17:00 bis 18:00 Uhr
Ort: Platz vor dem Café Termoli, Kaskadenpark 2, 22045 Hamburg

Das Kigamboni Community Center (KCC) ist eine wichtige Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche aus Kigamboni, einem sich rasant entwickelnden Bezirk Dar es Salaams, der größten Stadt Tansanias. Das Center bietet vor allem am Nachmittag ein breitgefächertes Angebot, um den Kindern und Jugendlichen außerschulische Beschäftigung und Perspektiven zu vermitteln. Seit der Gründung 2007 bietet das KCC-Gründungsmitglied Nassoro Mkwesso ein Performance-Programm an. Selbst Akrobat, tourte er schon mit elf Jahren mit einer Zirkusgruppe durch Südostasien.

Seit 2009 gibt es eine Gruppe für traditionellen und zeitgenössischen Tanz, die zu verschiedenen Musikstücken Choreografien einstudiert. Die Teilnehmer*innen schreiben selbst Stücke für ihr Theater-Akrobatikprogramm und führen diese im Stadtteil auf. Dabei werden soziale Probleme thematisiert, die vor allem Kinderrechte sichtbar machen und für ein Recht auf Teilhabe und Bildung plädieren. Zudem gibt es Unterricht zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Agenda 2030, die unter anderem in den Performances des Projektes verarbeitet werden.

  • Gespräch mit Bernard Laulian Ntahondi (Dar es Salaam Center for Architectual Heritage) und Hannimari Jokinen (Künstlerin und Kuratorin)
    Moderation: Amy Geisler (W3_)

Zur Anmeldung via guestoo

18:30 bis 20 Uhr
Ort: Café Termoli, Kaskadenpark 2, 22045 Hamburg

Im Gespräch mit Bernard Laulian Ntahondi wird es um den Umgang mit Askari-Denkmälern in Hamburg und Tansania gehen.

Bernard Ntahondi ist Mitglied von Ajabu Ajabu, einem Kino- und Künstlerkollektiv in Dar es Salaam, was es sich zur Aufgabe gemacht hat, das audiovisuelle Erbe seines Landes zu bewahren und zu vermitteln. Als Kurator am nichtstaatlichen Dar es Salaam Centre for Architectural Heritage widmet er sich außerdem dem baulichen Erbe Dar es Salaams. Anfang des Jahres war er Teil der tansanischen Delegation, die auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung nach Deutschland reiste, um hier in den Austausch über Restitution und Erinnerungsarbeit zu treten.

Hannimari Jokinen ist Künstlerin, Kuratorin, Autorin, Lehrbeauftragte und engagiert im Arbeitskreis “Hamburg Postkolonial”. Sie war bis 2022 Mitglied im Beirat zur Dekolonisierung Hamburgs bei der Behörde für Kultur und Medien. In ihrer künstlerischen Arbeit hinterfragt sie die Mythen, die Kolonialdenkmäler fortwährend umwehen. Seit der Einweihung des sogenannten Tansania Parks 2003 setzt sie sich in Publikationen, Performances und Rundgängen auch mit dem kolonialrevisionistischen NS-Denkmalensemble auf dem Gelände der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld intensiv auseinander.

  • Majubs Reise (DE 2013, 48 Minuten, OmeU) – Filmscreening mit dem B-Movie Kulturinitiative auf St. Pauli gemeinnütziger e.V. und anschließendem Gespräch mit der Regisseurin Eva Knopf

Zur Anmeldung via guestoo

20:30 bis 22 Uhr
Ort: Café Termoli, Kaskadenpark 2, 22045 Hamburg

Der Film erzählt die Geschichte von Mahjub bin Adam Mohamed, aka Majub (1904-1944), einem angesagten schwarzen Statisten und Kleindarsteller des Weimarer Kinos. Majub wurde in Dar es Salaam, dem heutigen Tansania geboren, was zu dieser Zeit zur Kolonie “Deutsch-Ostafrika” gehörte, die von 1885 bis 1918 bestand. Sie war das größte Kolonialgebiet Deutschlands und umfasste neben Tansania die heutigen Staaten Burundi, Ruanda und einen kleinen Teil von Mosambik.

Vor dieser “Karriere beim Film” diente Majub als sogenannter Askari im Ersten Weltkrieg unter General Paul von Lettow-Vorbeck (1870-1964) in der deutschen “Schutztruppe”. Er war bei seinem Eintritt neun Jahre alt, als der 1. Weltkrieg losging war er 10. Nachdem die Deutschen den Krieg verloren haben, zahlen sie ihm seinen Sold nicht mehr aus. Etwa zehn Jahre nach dem Krieg entschließt er sich nach Deutschland zu reisen und seinen ausstehenden Sold persönlich abzuholen. Er kommt ausgerechnet Anfang der 1930er-Jahre in Deutschland an. Anhand seiner Biografie tauchen wir ein in die komplexe Beziehung Deutschlands zu seiner ehemaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika.

Eva Knopf ist Filmemacherin und seit April 2020 Lektorin für die künstlerisch-ästhetische Praxis Fotografie und Film/Video sowie Leitung der künstlerischen Medienpraxis am Institut für Kunstwissenschaft – Filmwissenschaft – Kunstpädagogik, Universität Bremen. Sie schloss ihr M.A.-Studium in Ethnologie und Medienwissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen ab, studierte ein Semester Film- und Fernsehwissenschaft an der Universiteit van Amsterdam und war Postgraduierte bei Trinh T. Minh-ha und Kaja Silverman an der University of California in Berkeley. Sie verteidigte ihre Dissertation über Essayfilme und das koloniale Bildarchiv an der Universität Hamburg.

Parallel zu ihrem akademischen Werdegang studierte Eva Knopf Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Sie drehte mehrere lange Dokumentar- und Essayfilme, darunter “Myanmarket” (2016), “Majub’s Journey” (2013) und “Juju Movie – Get Rich or Die Trying” (2011), die international auf Filmfestivals sowie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gezeigt wurden und Preise gewannen. Sie arbeitete viele Jahre als Filmvorführerin in verschiedenen Art-House-Kinos.


Der Salon International e.V. schafft kulturelle Angebote für Kinder- und Jugendliche sowie Erwachsene mit besonderem Entwicklungsbedarf an der Schnittstelle zwischen Herkunfts- und Mehrheitskultur. Er fördert die öffentliche Rezeption, Diskussion und Anerkennung der kulturellen Diversität in Deutschland sowie die Qualifizierung interkultureller Kompetenz in privaten und öffentlichen Kultureinrichtungen.
https://www.musik-aus-jenfeld.de/mitmachen/der-tansania-park-in-jenfeld/

Das B-Movie ist ein kollektiv und ehrenamtlich betriebenes Kino auf St. Pauli, das sich durch sein abwechslungsreiches Programm auszeichnet. Monatlich setzt es neue Themenschwerpunkte und zeigt auch nichtkommerzielle und unabhängig produzierte Filme, die sonst keine Chance auf eine Leinwand hätten. Mit seinen unterschiedlichen Foki eröffnet es immer wieder neue Diskursräume, in die es einlädt, einzutreten.
https://www.b-movie.de


Hinweis zur Teilnahme:

• Die Teilnehmendenzahl ist bei einigen Aktivitäten begrenzt. Daher bitten wir um vorherige Anmeldung zur Veranstaltung über guestoo.
• Barrieren: Der Zugang zur Lettow-Vorbeck-Kaserne ist ebenerdig. Der Exerzierplatz ist eine ungepflegte Betonfläche, mit teilweisen Schäden. Der sog. Tansania Park ist eine unebene Rasenfläche. Das Café Termoli ist barrierefrei zugänglich.

Die Veranstalter*innen behalten sich vor, Personen mit rassistischen oder anderweitig menschenverachtenden oder diskriminierenden Äußerungen von der Veranstaltung auszuschließen.

Die Veranstaltung ist Teil des W3_Projekts Koloniale Spuren – Dekoloniale Praktiken und eine Kooperation mit dem Salon International e.V. und dem B-Movie.

Gefördert von

Bild: Wiebke Bruns

Veranstaltungsort
Der sog. Tansania Park, Wilsonstraße 60, Hamburg

Veranstalter*in
W3_Werkstatt für internationale Kultur und Politik

Weitere Angaben

Kooperation
Salon International e.V. und B-Movie
Wichtiger Hinweis
Eintritt frei – um Spenden wird gebeten, einige Veranstaltungen mit Anmeldung und begrenzter Teilnehmendenzahl

Kooperation
Salon International e.V. und B-Movie

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